Late Talker
„Ich kann kaum erwarten, dass mein Kind endlich Mama und Papa sagen kann…“
„Vielleicht spricht sie noch nicht, weil ihre große Schwester immer für sie spricht…“
„Naja. Einstein hat auch erst mit 4 Jahren gesprochen…“
Unsicherheit
Die Sprache ist ein so wichtiger Teil der kindlichen Entwicklung. Wenn Eltern und andere Bezugspersonen bemerken, dass ihr Kind nicht oder weniger spricht als Gleichaltrige, löst das Unsicherheit aus. Sie suchen nach Erklärungen und haben viele Fragen:
Sollen wir uns Hilfe holen?
Sollen wir abwarten?
Hat mein Kind dadurch einen Nachteil?
Wie kann ich ihm bloß helfen?
Diese Unsicherheit kann sehr belastend sein. Dieser Beitrag soll deshalb als Kompass für besorgte Eltern dienen.
Und ganz wichtig vorweg: die Sorgen der Eltern sind immer gerechtfertigt und müssen gehört und ernst genommen werden. Es gibt vielfältige Möglichkeiten die Kinder und ihre Familien individuell zu unterstützen.
Wann wird ein Kind als Late Talker bezeichnet?
Der Verlauf der Sprachentwicklung in den ersten zwei Lebensjahren variiert sehr stark. Die meisten Kinder sagen das erste Wort ca. um den 1. Geburtstag und kombinieren Wörter mit ca. 18 Monaten. Manche Kinder brauchen aber auch etwas länger. Wenn Kinder mit 24 Monaten noch weniger als 50 Wörter verwenden oder noch keine Wörter miteinander kombinieren, werden sie Late Talker genannt.
Wie entwickeln sich Late Talker?
In vielen Studien wurde die Entwicklung von Late Talkern untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass ein Teil der untersuchten Kinder im Alter von 5 Jahren sprachliche Fähigkeiten hat, die der Norm entsprechen. Sie hatten also aufgeholt. Keine therapeutische Unterstützung war nötig. Sie hatten keine sprachlichen Schwierigkeiten und lernten problemlos Lesen und Schreiben.
Auf der anderen Seite entwickelte ein Teil der untersuchten Kinder eine Sprachentwicklungsstörung (SES). Diese Kinder benötigten therapeutische Unterstützung um sprachliche Meilensteine zu erreichen. Sie hatten durch die Verzögerung Nachteile in ihrer schulischen Laufbahn, besonders beim Lesen und Schreiben.
Ist nun Logopädie notwendig?
Auf diesen Studien basiert in der Logopädie die Empfehlung nach dem Motto „better safe than sorry“. Das bedeutet, dass durch eine logopädische Diagnostik von Late Talkern, deren Risiko eine SES zu entwickeln verringert werden kann und notwendige Maßnahmen eingeleitet werden können.
Eine logopädische Diagnostik wird also bei Kindern ab dem Alter von 24 Monaten empfohlen, wenn:
das Kind weniger als 50 Wörter spricht.
das Kind kaum oder keine Wörter miteinander kombiniert.
das Kind Wörter oder kurze Sätze kaum oder nicht versteht.
es in der Familie bereits einen Fall von SES gibt.
Was macht die Logopädie?
In der logopädischen Diagnostik wird der aktuelle Sprachentwicklungsstand erhoben und auch vorsprachliche Kommunikationsstrategien des Kindes untersucht. So kann ein umfassendes Sprachentwicklungsprofil erstellt werden. Eine Abgrenzung zu anderen möglichen Ursachen und Faktoren des verzögerten Sprechens kann erfolgen. Und wenn nötig, können therapeutische Maßnahmen eingeleitet werden.
So wird möglichen langfristigen Auswirkungen der verzögerten Sprachentwicklung vorgebeugt und die Familie mit spezifischen und individuell gestalteten Angeboten unterstützt.